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Schnee im Frühling

(CRI)
Dienstag, 18. April 2017
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Seit Wochen ist unübersehbar der Frühling in Beijing eingekehrt. Bilder von blühenden Kirsch- und Magnolienbäumen vor blauem Himmel überschwemmen die Sozialen Netzwerke. Doch obwohl der Frühling definitiv Beijings schönste Jahreszeit ist, ist nicht alles eitel Sonnenschein. Es liegt etwas in der Luft.

Wie jedes Jahr im Frühling müssen sich die Beijinger, gerade erst dem winterlichen Smog entronnen, auch momentan wieder durch dichtes Schneegestöber quälen. In bauschigen Wattebergen sammelt sich die weiße Pracht an Straßenecken, einzelne kleine Flauscheflocken krabbeln hinterlistig in Nasen, Ohren und hinter Brillengläser.

„Auf dem Arbeitsweg setzt sich das Zeug auf den ganzen Körper. Es geht in die Nase und manchmal in den Hals. Sehr lästig."

Drei Wochen etwa dauert der Spuk. So lange nämlich, wie Beijings Abermillionen Weiden und Pappeln, von den warmen Temperaturen hormonell in Wallung versetzt, ausgiebig für Nachwuchs sorgen möchten und Abermilliarden Samen aus kecken Weidenkätzchen in die Beijinger Luft entlassen. Die Beijinger sind genervt. Mit Mundschutz, Kopftuch, Sonnenbrille und wild mit den Händen wedelnd, bahnt sich mancher in besonders betroffenen Straßen seinen Weg.

„Ich trage einen Mundschutz gegen die Samenwolle, da ich eine Allergie dagegen habe und an einer Nasenentzündung leide. Ich muss zu dieser Zeit dauernd zum Arzt und mir Medikamente verschreiben lassen. Die helfen aber nicht immer!

In Beijings Innenstadt wachsen mehr als zwei Millionen Weiden, im gesamten Stadtgebiet sind es fast 40 Millionen. Schätzungen zufolge sind 70 Prozent von ihnen weiblich und produzieren die fedrig-flauschigen Flugobjekte. Bekommen all die hübschen Damen gleichzeitig Frühlingsgefühle, kommt es, wie es kommen muss...

Und wer ist Schuld am Desaster? In den 1960er und 70er Jahren hatten Beijings Stadtväter die durchaus löbliche Idee, die Stadt ein wenig grüner zu gestalten. Ihre Wahl fiel auf Pappeln und Weiden. Die wachsen schnell, brauchen wenig Wasser und Pflege und kommen mit Beijings rauem Klima gut zurecht. Zum Leidwesen der heutigen Beijinger wurde bei der Aktion jedoch übersehen, dass es von Natur aus mehr weibliche als männliche Vertreter dieser Art gibt. Die Bäume wuchsen, ganz wie vorhergesehen, zu voller Pracht heran und stehen nun regelmäßig auch in voller Blüte. Momentan kommt noch die Hitze dazu:

„Ich trage keinen Mundschutz, da es so warm ist. Ich kann nichts anderes machen, ich muss einfach aushalten."

Gibt es denn wirklich keine Lösung? Bei so viel weiblicher Übermacht müssen Beijings Stadtväter kreativ werden. Die Lösungsansätze reichen von konventionell bis kurios:

Einfach kurzen Prozess machen und fällen, ist der radikalste Schritt, ein Besuch eines mobilen Frisörkommandos zur Lichtung der Krone, dagegen nur Kosmetik. Fleißige Kehrmaschinen im Dauereinsatz fegen und waschen Beijings Straßen täglich wieder sauber. Eine Sisyphusarbeit. Und dann wäre da noch die Spritze. Ein Pieks, der den großen Unterschied macht. Dank hormoneller Behandlung soll aus weiblich männlich werden. Da das aber ziemlich zeitaufwändig und teuer ist, werden die Beijinger wohl auch künftig im Frühling ein Wintermärchen der anderen Art erleben.

Text: Svenja Schmidt

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