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China als beliebtes Reiseziel für den Medizintourismus

(German.people.cn)
Mittwoch, 12. April 2017
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Traditionelle Chinesische Medizin wird immer beliebter und zieht Behandlungssuchende aus aller Welt in die Volksrepublik. Die ganzheitlichen Heilmethoden werden von Touristen oft mit einem Erholungsurlaub kombiniert.

Swetlana Schepitko und ihre beiden Söhne kamen nicht nur nach Hainan, einer tropischen Insel in Südchina, um dem eisigen sibirischen Wetter zu entkommen. Schepitko hatte noch ein anderes wichtiges Ziel: Die Linderung ihrer Rückenschmerzen.

Anstatt ihr noch mehr Schmerzmittel zu verschreiben, wendete Schepitkos chinesischer Arzt Tang Yi die Therapiemethode Tuina bei seiner Patientin an. Diese Behandlung der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) lässt sich als „Drücken und Kneifen“ übersetzen.

Jeden Morgen erhielt Schepitko diese Massage-Therapie im Krankenhaus für Traditionelle Chinesische Medizin Sanya und verbrachte anschließend den Rest des Tages in der Sonne. „Es ist großartig“, so Schepitko gegenüber der Nachrichtenagentur Xinhua. „Keine Pillen, keine Injektionen, aber ich fühle mich viel besser.“

Schepitko ist eine von Zehntausenden von Russen, die jedes Jahr nach Hainan strömen. Die Inselprovinz hat in den letzten sieben Jahren 800.000 russische Touristen empfangen. Gesundheitsbehörden zufolge probierten fast 80 Prozent von ihnen eine TCM-Therapie während ihres Aufenthalts aus, um entweder eine bestimmte Krankheit zu behandeln oder einfach als Wellness-Form.

Mit Wurzeln in der alten chinesischen Philosophie hat TCM in den letzten Jahren weltweit an Popularität auf der ganzen Welt gewonnen. Im Zuge dessen hat sich auch die Zahl von Kliniken außerhalb Chinas erhöht, aber viele stehen vor Herausforderungen, benötigte Kräuter zu bekommen oder erfahrene Spezialisten anzulocken, um im Ausland zu arbeiten.

Infolgedessen kommen mehr Ausländer für TCM-Behandlungen oder -Therapien nach China. Der Boom ist besonders in der Stadt Sanya zu spüren, wo russischsprachige Anzeigen für Akupunktur allgegenwärtig sind.

Im vergangenen Jahr hat die Beijinger Universität für Traditionelle Chinesische Medizin ein TCM-Zentrum in Sankt Petersburg als Außenstelle eingerichtet. „TCM konzentriert sich auf das Ökologische und Natürliche, so dass sie kompatibel mit der russischen Naturverbundenheit ist“, so der Leiter des Zentrums Wang Chaoyang.

Globale Patientenströme

Internationaler Medizintourismus wurde besonders Mitte des 20. Jahrhunderts unter wohlhabenden europäischen und nordamerikanischen Patienten populär, die im Ausland kosmetische Operationen durchführen ließen. Auf den Märkten, die zuerst auf die Nachfrage reagierten, wie Brasilien, Südafrika und Costa Rica, wurde eine Vielzahl von preisgünstigen Prozeduren angeboten.

Die Branche prosperierte mit dem Anstieg der Qualität des Gesundheitswesens, der kommerziellen Luftfahrt und des Internets. Es ist mittlerweile eine Multi-Milliarden-Dollar-Industrie. Schätzungen von Patients Beyond Borders zufolge, einer US-amerikanischen Marktforschungsfirma, besuchten 2016 zwischen 9,8 Millionen und 14,8 Millionen Patienten Krankenhäuser und Kliniken im Ausland.

Die Menschen werden durch niedrigere Kosten, qualitativ hochwertige Pflege, gute Patientenerfahrungen, Spezialbehandlungen und dem „Neuen und Andersartigen“ geködert. Den Daten der Firma zufolge gingen allein 2013 mehr als 900.000 US-Amerikaner für „fast jede erdenkliche Form“ der medizinischen Behandlung ins Ausland: Fettabsaugungen in Mexiko, Herzklappen-Ersatz in Thailand, Hüft-Prothesen in Indien und Fruchtbarkeitsbehandlungen in Israel.

In Asien sind Thailand, Malaysia, Singapur und die Südkorea die aufstrebenden Reiseziele und ziehen einen Großteil der Patienten in der Region an. „Wir sehen China als einen aufsteigenden Markt an“, so Josef Woodman, Geschäftsführer von Patients Beyond Borders, in einem E-Mail-Interview. Woodman zufolge kann China erfolgreich mit reiferen Märkten in der Region konkurrieren, da es stark bei TCM-Behandlungen ist und die Infrastruktur seiner Gesundheitsversorgung rasant verbessert.

Jenseits von Schröpfgläsern und Akupunkturnadeln

Akupunktur, Schröpfen, Tuina-Massage und Kräutermedizin sind einige der im Ausland bekanntesten TCM-Behandlungen, aber der TCM-Meister Professor Hu Kaiwen glaubt, dass die alte Heilkunde noch mehr zu bieten habe.

Hu ist Präsident des Dongfang-Krankenhauses in der Innenstadt von Beijing und ein erfahrener Onkologe, der sich auf die Integration von TCM mit konventioneller westlicher Medizin spezialisiert hat, um Tumor-Patienten im fortgeschrittenen Stadium zu behandeln. Während die westliche Medizin Krebs als abnorme Zellen ansehe, die es zu vernichten gelte, betrachte TCM die Krankheit als Zeichen des Ungleichgewichts von Körper und Geist und priorisiere die Wiederherstellung des Gleichgewichts und nicht nur eine Vernichtung, so Hu.

Seine Therapie kombiniere minimal-invasive Chirurgie mit post-operativer TCM-Pflege. Damit werde Patienten eine Alternative geboten, die nicht gut auf Chemo- oder Strahlentherapie ansprechen. Laut Hu können Kräuter genauso gut dazu beitragen, die Lebensdauer zu verlängern und die Lebensqualität zu verbessern, kosten dafür allerdings nur einen Bruchteil im Vergleich zu kostspieligeren, zielgerichteteren westlichen Medikamenten.

Wang Tiansong, Präsident des TCM-Krankenhauses Sanya, erklärte, dass ausländische Patienten mit Kinderlähmung und Schlaganfällen ebenfalls gut auf TCM-Behandlung ansprechen.

Infrastruktur und Förderung

Hainan ist nicht der einzige Ort, zu dem ausländische Medizintouristen schwärmen. Im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang in Chinas Nordwesten gesellen sich zu den Russen noch Kasachen und andere Zentralasiaten.

In der Sechsten Klinik der Medizinischen Universität Xinjiang in Urumqi sind Beschriftungen in Chinesisch, Uigurisch und Russisch zu finden. Etwa 80 Ausländer kamen für Behandlungen in den ersten drei Monaten ins Krankenhaus, nachdem die internationale Abteilung eröffnet worden war. Laut Wu Yue, einem hohen Vertreter des Krankenhauses, ist die grenzüberschreitende Nachfrage so stark, dass das Krankenhaus den Aufbau eines asiatischen Zentrums für Orthopädie plant.

Diese Entwicklungen wurden Teil der 2013 gestarteten „Belt and Road“-Initiative der chinesischen Regierung. Xinjiang hat sich als regionale Drehscheibe positioniert, die verschiedene Dienstleistungen für die Region anbietet, einschließlich Gesundheitsversorgung.

Mittlerweile wird die Inselprovinz Hainan, einst ein wichtiger Wegpunkt der alten maritimen Seidenstraßen, wird bereits als internationale Touristeninsel vermarktet.

Investoren widmen sich nun verstärkt der medizinischen Infrastruktur. Im vergangenen Jahr wurde ein Krebs-Krankenhaus als öffentlich-private Partnerschaft für 2,9 Milliarden Yuan (396 Millionen Euro) in Hainans Hauptstadt Haikou eröffnet. Ausgestattet mit hochmodernen Einrichtungen und 1.200 Betten zieht das Krankenhaus vor allem reiche Behandlungssuchende außerhalb der Inselprovinz an.

Chinas Amt für Traditionelle Chinesische Medizin und die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform haben Ende 2016 das Ziel bekannt gegeben, bis 2020 zehn TCM-Gesundheitstourismus-Modellzonen für medizinische Behandlungen, Wellness, Erholung und Altenpflege aufzubauen.

Laut Woodman ist China dabei, eine hochwertige Infrastruktur für die Gesundheitsversorgung zu schaffen. 2007 gab es nur drei TCM-Zentren, die von der „Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations“ akkreditiert wurden, während es heutzutage mehr als 77 gebe. Der nächste Schritt sei, die Förderung Chinas als medizinisches Tourismusziel in Zusammenarbeit mit den Sektoren für Reise- und Wirtschaftsförderung zu verstärken, so Woodman.

Auch Privatpersonen haben bereits die enormen Geschäftsmöglichkeiten erkannt. Die Russin Jana gab beispielsweise vor kurzem ihren Job als Reiseleiterin auf, um im TCM-Krankenhaus Sanya als Marketing-Beauftragte zu arbeiten. Laut Jana, die zwölf Jahre Reiseleiterin in Sanya war, ist ihr neuer Job aussichtsreich. „Viele meiner russischen Kunden kennen TCM und sind daran interessiert, hierher zu kommen.“ 

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