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Wenn Verkaufsschlager Käufer übers Ohr hauen

(German.people.cn)
Montag, 10. April 2017
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Leser von Bestsellern in China haben zuweilen das Gefühl, dass der Wirbel um einige Bücher deren Qualität weit übertrifft. Über Geschmack lässt sich nicht streiten, wohl aber über die Tücken der wachsenden Vermarktung.

(Foto: China Daily)

„Es schien schon seit Ewigkeiten auf der Bestseller-Liste zu sein, also habe ich es gekauft, aber ich verstehe einfach nicht, warum es so beliebt ist.“ Die Unzufriedenheit der 33-jährigen Charlotte Qiu aus Suzhou mit dem Buch „Drachenläufer“ von Khaled Hosseini ist offensichtlich. „Ich habe nach ein paar Seiten das Lesen aufgegeben“, gesteht Qiu.

Viele Kunden in China kaufen Experten zufolge ein Buch einfach nur deshalb, weil es ein Bestseller ist. Manchmal gehen sie damit der übertriebenen Werbung eines Verlages auf den Leim. Wie Qius Fall bezeugt, sind Verkaufszahlen und Bekanntheit nicht notwendigerweise mit einer angenehmen Lektüre gleichzusetzen.

Da die chinesische Verlagsindustrie in den vergangenen zehn Jahren weiter herangereift ist, hat auch die Vermarktung an Bedeutung gewonnen. Mit dem richtigen Marketing können Bücher zu Verkaufsschlagern verwandelt werden und das teils auch trotz und nicht wegen ihrer Qualität.

„In den vergangenen zehn Jahren haben Bücher aufgehört, in erster Linie kulturelle Produkte zu sein und werden nun wie alle anderen Verkaufswaren behandelt, so dass die Beliebtheit eines Buches nicht nur von seiner Qualität, sondern auch vom Marketing abhängt, genau wie überall sonst“, erklärt Zuo Jing, Autor einer Studie über Bestseller-Bücher aus Perspektive der Massenkultur. In den letzten Jahren habe sich die Buchvermarktung in China im Großen und Ganzen vorhersehbar entwickelt und umfasse den öffentlichen Diskurs, populäre Fernsehprogramme oder Filme, berühmte Menschen oder Popkultur.

Junge Leute haben Zeit und Geld für Bücher, so Han Shasha, stellvertretende Geschäftsführerin der Beijing White Horse Time Culture Development Company. Nach dem Studium an der Universität wenden Chinesen im Allgemeinen jedoch wenig Zeit und Geld für Bücher auf. Die Ausnahme stellen Menschen in einigen Kulturbranchen wie dem Verlagswesen dar, deren Zahl 100.000 jedoch nicht überschreite, so Han.

Modewort „Einsamkeit“

In letzter Zeit ist „einsam“ zum Modewort avanciert. Das könnte auch ein Grund dafür sein, warum sich das Buch „Hundert Jahre Einsamkeit“ des Nobelpreisträgers Gabriel García Márquez in den letzten Jahren stets auf den chinesischen Bestsellerlisten befand.

Der Roman wurde zwar bereits 1984 ins Chinesische übersetzt, aber bis 2011 hatte kein Verlag in China die Rechte, um es zu veröffentlichen. Mehr als 2,6 Millionen Exemplare verkauften sich von 2011 bis April 2014, dem Jahr als Márquez starb. Folgend stiegen die Verkaufszahlen des Buches enorm an.

„Obwohl sich das Buch gut verkauft hat, bezweifle ich, dass viele Leute es wirklich mögen“, vermutet Han. „Ich kenne viele Leute, die es gekauft haben und es einfach beiseite legen. Der Titel ist wirklich wichtig.“

Kitsch der Massentauglichkeit

Zuo Jing erklärt, dass Bestseller-Bücher als Teil der Massenkultur in der Regel etwas kitschig seien. Beispielsweise wurde das Buch „Drachenläufer“ für den chinesischen Markt teilweise umgeschrieben und weist im Gegensatz zum Original ein glückliches Ende auf.

Andere Experten betonen jedoch, dass ein Buch als Bestseller eine hohe Qualität benötige. „Nur Bücher, die gut geschrieben sind, haben, was es braucht, um gut aufgenommen zu werden und Bestseller zu werden“, so der Verlagslektor Min Wei. „Das Wichtigste ist der Inhalt.“

„Wir sind sehr zuversichtlich für den chinesischen Markt und es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen, dass junge Menschen im digitalen Zeitalter, wo das Lesen immer stärker fragmentiert ist, nicht mehr gern lesen“, so Min.

Zuo zufolge verkaufen sich kitschige Werke im Moment gut, aber der Markt geht durch einen Wachstumsprozess. „Verkaufsschlager werden das Interesse der Leser ansprechen und dann werden [noch mehr] gute Bücher veröffentlicht. Es ist schwer für Leser, unmittelbar zu anspruchsvoller Literatur überzugehen.“

Die Qualität der Bestseller spiegle auch das Bildungsniveau eines Marktes wider, erklärt Zuo. „Vor allem junge Chinesen lesen, um sich auf Prüfungen vorzubereiten. [Viele] Menschen haben noch keine festen Lesegewohnheiten und Geschmäcker entwickelt. Das wird noch mehr Zeit in Anspruch nehmen.“ 

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