Das Korruptionsurteil gegen den einstigen Verwaltungschef verdeutlicht die positive Entwicklung von Hongkongs Rechtssystem und ist eine Lektion für Beamte: Mit der Position steigt die Verantwortung und Verdienste schützen nicht vor einer Verurteilung.

Donald Tsang, der ehemalige Verwaltungschef Hongkongs, wurde am Mittwoch für Vergehen während seiner Amtszeit zu 20 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Der 72-jährige Tsang wurde angeklagt, private Mietvertragsverhandlungen mit einem Immobilienmagnaten bewusst verheimlicht zu haben, während sein Kabinett eine Digitalsendelizenz für eine mittlerweile aufgelöste Rundfunkgesellschaft, in welcher der Tycoon Großaktionär war, diskutierte und genehmigte.

Weil Tsang der erste ehemalige Verwaltungschef ist, der hinter Schloss und Riegel gebracht wurde, erschütterte das Urteil die Bevölkerung Hongkongs.

Mehrere Aspekte des Falls erregten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit.

Zunächst sympathisieren viele Einwohner Hongkongs mit Tsang, da er der Stadt jahrzehntelang gedient hatte. Dutzende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens baten um ein mildes Urteil für Tsang. Dennoch glauben gleichzeitig nur wenige Menschen, dass er unschuldig ist oder ungerecht behandelt wurde.

Zweitens haben weder Beamte der Zentralregierung noch staatliche Medien vom chinesischen Festland den Fall kommentiert.

Drittens haben sowohl Tsangs Familie als auch sein Rechtsanwalt angekündigt, dass sie in Berufung gehen wollen. Sollte das Urteil bekräftigt werden, könnte nur eine Amnestie Tsang den Gefängnisaufenthalt ersparen. Momentan gibt es keine Anzeichen für eine solche Möglichkeit.

Der Fall Tsang zeigt, dass der Aufbau einer sauberen Regierung nie endet. Ein relativ solides Rechtssystem und hohe Gehälter für öffentliche Beamte scheiterten an der Verhinderung von Korruption in Hongkong.

Tatsächlich wird auch die Integrität von US-amerikanischen und europäischen Beamten oft überprüft. Das neue Kabinett Trumps beinhaltet mehrere Industriemagnaten. Genauestens verfolgt wird, ob ihr persönlicher Reichtum durch ihre Positionen positiv beeinflusst werden würde.

Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass weltweit mehr Gesellschaften härter gegen Korruption vorgehen. Wäre der jetzige Fall in der Zeit der britischen Kolonialherrschaft geschehen, dann hätte Tsang wahrscheinlich nicht vor Gericht erscheinen müssen. Aber mit der fortschreitenden Demokratisierung nach Hongkongs Rückgabe an China entwickelte sich die Aufsicht der Öffentlichkeit über Beamte und die Nachfrage nach Integrität zu einer der weltweit intensivsten.

Je höher die Position, desto größer das Risiko. Für Beamte bedeutet dies, dass sie entsprechend mehr Selbstdisziplin üben muss. In den letzten Jahren stieg die Anzahl wegen Korruption angeklagter Beamte, während sich die Qualität der Regierungsführung positiv entwickelte. Diese Konstellation sendet eine klare Warnung an alle Beamte aus.

Tsang hat nach der Rückgabe der Stadt zu Hongkongs Wohlstand beigetragen. Sein Leben, in dessen Verlauf er von einem Verkäufer zum Spitzenpolitiker der Stadt aufstieg, war eine Inspiration, wurde aber am Ende seiner Karriere befleckt.