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Von Peking- und Zeitungsenten – China-Nachrichten à la carte

(German.people.cn)
Montag, 11. Juli 2016
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Von Ge Feili, Beijing

Die deutsche Berichterstattung über China greift gern auf bekannte Klischees zurück und ähnelt damit den immer gleichen Speisekarten chinesischer Restaurants in Deutschland. Dabei hätte das Reich der Mitte durchaus ein differenziertes Buffet zu bieten.

Anders als bei waschechten Schurkenstaaten, Ländern im subsaharischen Afrika oder Nahen Osten ist der Blick der deutschen Berichterstattung über China nicht nur auf die hoffnungslose Gegenwart gerichtet, sondern schweift teils auch über die lange Geschichte des Landes, welche durch Kunst und Philosophie besticht. China gilt als Exot. Nicht nur die Sprache mit ihren Schriftzeichen fasziniert viele Deutsche und findet sich – als Logorrhö am rechten Platz – in sinnfreien Kombinationen über zahlreichen deutschen Steißbeinen. Auch Chinas wirtschaftlicher Aufschwung erstaunt viele und scheint unvereinbar mit dem vorherrschenden Bild eines typischen kommunistischen Staates zu sein. Schließlich waren „die“ ja früher alle einmal arm und Ende der 90er Jahre eigentlich ganz froh, endlich untergehen zu dürfen.

Ganz anders nun China, welches Deutschen auch als „attraktiver Wachstumsmarkt“ und „interessanter Produktionsstandort“ bekannt ist, aber genau dadurch auch immer wieder Bedrohungspotential bietet. Mit Unglauben und leichtem Entsetzen blickt man aus Deutschland, dem Land der Arbeit, des Fleißes und der Sparsamkeit, auf das Reich der Mitte und seine emsigen Arbeiter, die unermüdlich schuften und damit selbst noch die Deutschen in Verlegenheit bringen.

Das Chinabild deutscher Medien schwankt zwischen anklagender Negativität im politischen Bereich und Besorgnis über die Wirtschaftsleistungen, die dem Land widerstrebend zuerkannt werden, auf der einen Seite und einer faszinierenden Exotik der Reisebroschüren und Abenteuerfilme auf der anderen Seite. Eine einzigartige Mischung wie süß-saures Chop Suey.

„Ich weiß schon, was ich lesen will!“

Die Entscheidung einen Artikel zu lesen, ähnelt der, Chinesisch essen zu gehen. Man weiß meist schon, was man bestellen will. Man hat mal eben wieder Lust auf diese leckeren grünen Aperitifs, Glückskekse und Chop Suey, typisch chinesisches Essen eben. Und wie im China-Restaurant, gibt es das, was man dort schwarz auf weiß auf den Karten findet, oft weit und breit nicht in China zu finden. In der Zeitung gibt es dann statt grüner Aperitifs einen Artikel über die grauen Himmel von Beijing. Wer es pikanter mag, gönnt sich einen Bericht über die neuesten Menschenrechtsverletzungen.

Es wäre vielleicht gewagt zu beklagen, dass sich viele Restaurantbesucher auf nichts Neues einlassen wollen. Geschmäcker sind eben verschieden und angeblich lässt es sich nicht über sie streiten. Doch würden die meisten wohl die Behauptung von sich weisen, dass sie die gleiche Herangehensweise auch bei ihren Nachrichten pflegen. Aus Afrika erwartet man Hunger und Krieg, aus Südamerika Drogen und Korruption und Grönland gibt es gar nicht. Machen wir uns doch nichts vor! Man hat nur wirklich eine Vorstellung von einer Region, wenn sie ihre eigenen kulinarischen Spezialitäten hat. Slowakische Küche? Wohl eher osteuropäisch. So genau kann man die Staaten des ehemaligen Ostblocks doch nicht auseinander halten. Frankreich? Ein Traum von Käse, Croissants und vollmundigen Tröpfchen. Der Wein bestimmt das Bewusstsein.

Die deutschen Berichterstatter sind die Kellner unserer Lese-Geschmäcker, die statt mit einem freundlichen Grinsen mit betretener Miene und einem leichten Kopfschütteln an uns herantreten und fragen, ob wir wieder das Übliche wünschen. Es sei wieder was ganz schreckliches und zugleich schwarzmalerisch schön. Die Welt gehe vor die Hunde und den Chinesen laufe dadurch schon das Wasser im Munde zusammen.

Die Aufgabe der deutschen Berichterstattung müsste jedoch eigentlich darin liegen, Meinungen und Klischees nicht nur zu verfestigen, sondern gegebenenfalls auch einmal aufzubrechen oder aufzufrischen. Als Teil eines abwechslungsreichen Nachrichten-Buffets müssten ausreichend Informationen geboten werden, sodass sich Menschen eine eigene Meinung bilden könnten, statt ihnen mit den üblichen Standard-Menüs nur anzubieten, eine nachzukauen.

Kolportierte Stereotype auf undifferenzierter Grundlage für 2016

Gleich mehrere Studien weisen darauf hin, dass sich die Medienberichterstattung über China sich seit geraumer Zeit in einer Schieflage befindet. Sie bleibt zumeist auf wenige Themen, die zumindest teilweise eine faden Beigeschmack besitzen, beschränkt und nutzt ganz nach Gusto Klischees zur Garnierung.

In der Studie „The International Media Coverage of China“ von 2013 wird festgestellt, dass über die Hälfte der Artikel dem politischen und ökonomischen Feld angehören. Die einzelnen Themen, wie Umwelt und Menschenrechte, bedienen sich eines sehr eingeschränkten Spektrums. Beispielsweise handeln mehr als die Hälfte der politischen Artikel über Korruption und mehr als drei Viertel der Umweltartikel über die Verschmutzung. Man weiß, was man bekommt, wenn man einen Umweltartikel über China liest: Einmal Verschmutzung, bitte. Alles andere ist Beilage.

Natürlich ist Umweltverschmutzung ein Problem im Reich der Mitte, als solches findet es auch in Chinas Medien beständig Eingang. Zur Erinnerung der Deutschen an ihre dunkle Vergangenheit, mag die Berichterstattung auch eine sinnvolle Mahnung sein, doch sollte bei diesem Thema nicht vergessen werden, was die Ursachen sind. China leugnet, anders als die Republikanische Partei in den USA, nicht seine Verantwortung als Mitverursacher von Verschmutzung und Klimawandel. Sie ist jedoch kein Zweck an sich, sondern ein Symptom.

Um in diesem Falle nicht eine weitere Restaurant-Metapher zu bemühen, ist China wie ein Auto. Die Berichterstattung sollte nicht nur am Auspuff hängen und sich bewölken lassen, sondern sehen wohin die Reise geht. Die Berichterstattung über Korruption stellt das politische System als zutiefst verdorben und marode dar. Mit Blick auf die Korruptionsskandale der letzten Jahre in Europa ist es jedoch verwunderlich, warum man nicht auch Unkenrufe zum baldigen Untergang der Demokratie im Abendland hört. Auch hier sollte die Berichterstattung tiefer gehen und aufzeigen, wie das System China funktioniert. Es gibt mehr als eine Art von Automotor. Nur weil China ein anderes politisches System als viele europäische Staaten benutzt, bedeutet das nicht, dass es damit nicht vom Fleck kommt.

Deutschlands China-Bild hat -Niveau

Die Auslands-Berichterstattung ist allgemein geprägt von Konflikten und Katastrophenmeldungen, wie die Studie „Die China-Berichterstattung in den deutschen Medien“ 2010 befindet. Aus Malaysia hört man außer keinen Informationen zum Verbleib des Flugzeugs MH370 selten etwas. Fast scheint es im Ausland wie auf alten Landkarten zuzugehen: Hier wohnen die Menschen ohne Köpfe, in diesem Meer hausen Seeschlangen, hier wohnt der Priesterkönig Johannes. Und in Malaysia verschwinden heutzutage eben Flugzeuge. Vielleicht haben ja Meeresungeheuer damit etwas zu tun. Doch sobald man einem Land einmal den Schleier der geheimnisvollen Exotik entrissen hat, erweitert sich das Themenspektrum erheblich.

Die Vertrautheit mit einer anderen Kultur führt freilich nicht unbedingt zu Sympathie, doch führt sie zur Ziehung einer klareren Trennlinie zwischen Politik und der Bevölkerung eines Landes. Auch wenn die Politik der USA von vielen Deutschen nicht unterstützt wird, führt das nicht etwa zu anti-amerikanischen Boykotten, brennenden Fords oder geplünderten Walmarts. Wenn China jedoch den Stein des Anstoßes in Deutschland ins Rollen bringt, dann wird öffentlich zum Boykott der olympischen Spiele aufgerufen.

Der Blick über den Reisschüsselrand

Für China-Interessierte gibt jedoch Alternativen. Für all jene, die nicht des Chinesischen mächtig oder dazu bereit sind, englisch- oder anderssprachige Nachrichten zu konsumieren, gibt es deutschsprachige Nachrichten aus China von chinesischen Medien. In ihnen finden sich auch Artikel zu Themen, welche nur selten von deutschen Medien bedient werden.

Chinesische Nachrichtenportale bieten kostenlos Nachrichten aus und über China auf Deutsch im Internet an, um sie auf dem PC oder mobilen Geräten zu konsumieren. Sie bieten Nachrichten in Text- und Audioform, Interviews und Videos. People’s Daily Online, CRI, die Beijing Rundschau oder China Daily verbindet, dass sie alle Redaktionen aus deutschsprachigen und chinesischen Mitarbeitern besitzen, die ihre Sicht auf China zum Ausdruck bringen. Man findet sie auf ihren jeweiligen Internetseiten, bei Twitter und Facebook, wenn einen der (Informations-)Heißhunger überkommen sollte. 

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