Die Zahl der Drogensüchtigen in China könnte inzwischen bei mehr als zehn Millionen liegen. Diese Befürchtung wurde auf einer am Dienstag beendeten AIDS-Konferenz in Beijing geäußert. Wissenschaftlern zufolge wächst der Anteil synthetischer Drogen wie Methamphetamine, zudem nimmt die Zahl jüngerer Drogensüchtiger zu. Dabei erhöhe der Missbrauch synthetischer Drogen auch die Gefahr einer AIDS-Ausbreitung durch Geschlechtsverkehr.

Statistiken des chinesischen Ministeriums für Öffentliche Sicherheit zufolge waren Ende April landesweit insgesamt mehr als 2,58 Millionen Drogen-Süchtige registriert. Prof. Liu Zhimin von der Peking-Universität, der seit langem im Bereich Medikamenten- und Drogenmissbrauch arbeitet, hält die Zahl der Süchtigen allerdings für viel höher als bekannt:

„Den Ergebnissen unserer Untersuchung im vergangenen Jahr zufolge ist die Zahl der Menschen mit Drogenmissbrauch viel höher als die der registrierten Drogensüchtigen. Wir schätzen, dass es mindestens vier Mal so viel sind. Aufgrund unserer Forschungsergebnisse kommt die Behörde für Drogenbekämpfung beim Ministerium für Öffentliche Sicherheit nun auch zu der grundlegenden Einschätzung, dass in China mehr als zehn Millionen Menschen von Drogen abhängig sind."

Trotz der alarmierend hohen absoluten Zahl ist der Anteil der Drogensüchtigen an der Gesamtbevölkerung allerdings vergleichsweise gering und liegt bei einem Zwanzigstel des Weltdurchschnitts. Dennoch ist die Situation im Kampf gegen die Drogen kritisch. Zumal sich sowohl bei den Drogen selbst, als auch bei den Süchtigen neue Trends zeigen. Zhong Ping vom Beijinger Drogenbekämpfungsbüro verweist zum Beispiel darauf, dass die Drogensüchtigen in Beijing immer jünger werden. Und der Drogenkonsum bewege sich vom Heroin immer mehr hin zu neuen synthetischen Drogen:

„In den letzten Jahren hat die Zahl der Drogensüchtigen jährlich zweistellig zugenommen, also mit einer deutlichen Aufwärtstendenz. Zugleich werden immer vielfältigere Drogen konsumiert, wobei besonders synthetische Drogen favorisiert werden. Bei den erkannten Drogensüchtigen in Beijing nahmen in diesem Jahr 84 Prozent derartige synthetische Drogen, und das liegt weit über dem landesweiten Anteil von reichlich 30 Prozent."

Auch das, so Zhong Ping vom Beijinger Drogenbekämpfungsbüro, erfordere von der Polizei einen intensiveren Kampf gegen den Drogenmussbrauch:

„Allein in diesem Jahr sind in Beijing mehr als 10 000 Drogensüchtige festgestellt worden. Früher waren es nur 5000 bis 6000. Diese Zahl hat sich also fast verdoppelt. Die wachsenden Aufgaben erfordern mehr personelle und finanzielle Mittel, nur so kann der Kampf gegen die Drogen erfolgreich sein."